Urs Sibler: Leiter des Museums Bruder Klaus,
Sachseln OW Text aus dem Katalog zur Ausstelleung: "INS ZENTRUM"
Radbilder und Räderwerke
2017
Vincenzo Baviera: Der
Räderwerker
Vincenzo Bavieras Herkunft von der Architektur klingt in Skulpturen an, die
wie Modelle für fantastische Bauten wirken und Statik und Bewegung in sich
vereinen. In Bewegung versetzt Baviera im Wortsinn Objekte, die
Betrachterinnen und Betrachtern aus der Passivität holen und zu Akteuren
machen. So rollte er 1991 am 1. Zürcher Kulturumzug mit Freunden ein grosses
Rad durch die Strassen von Zürich. Bereits 1983 hatte er das „Opfiker Rad“
gebaut, einen monumentalen schräg liegenden Kreisring, der begangen und in
der Gruppe in Bewegung versetzt werden konnte. In den Achtzigerjahren
entstanden Räderwerke, in Galerien wie im Freien, die über umlaufende Seile
zum Drehen gebracht wurden, beispielsweise in der „Besiedelung“ von 1987 in
Nürnberg, einer Gemeinschaftsarbeit mit Kurt Sigrist.
In
Freilichtausstellungen begegnete man Pendelplastiken in Form von Kegeln, die
an einem Träger ins Wippen versetzt werden konnten. Auf Lagern liegende
Eisenringe liessen sich durch die Besucher zum Schaukeln bringen. In Schalen
aus Kugelsegmenten unterhielt Vincenzo Baviera 2003 mit Helfern über Wochen
in Zürich und Schaffhausen Friedensfeuer gegen den Krieg im Irak. Oder er
liess 2007 im Safiental, von Sagen und alpinem Brauchtum inspiriert,
Eisenscheiben über Schuttkegel rollen. Kooperationen sind ein
wiederkehrendes Phänomen im Schaffen Bavieras. 2014 gestaltete er gemeinsam
mit dem Künstlerkollegen Ruedi Mösch und mit der Sängerin La Lupa die Aktion
„Sonnengang“ mit einem grossen
Feuerrad für den Kulturort Weiertal.
Folgerichtig, dass ich Vincenzo Baviera für eine Teilnahme an der
Ausstellung „Ins Zentrum – Radbilder und Räderwerke“ anfragte.
Verschiedenste seiner Arbeiten aus dem Fundus wären dafür in Frage gekommen.
Nach einem Treffen vor Ort war für Vincenzo Baviera aber klar, dass er für
den Garten des Museums ein „Rad im Gehäuse“ schaffen wollte, das sich vom
Besucher um die Nabe drehen lässt und das von der Anmutung her, obwohl
bedeutend grösser, an einen Bildstock erinnert. Der Künstler selbst nennt
als Bezug die Kleinbauten mit religiösen Darstellungen, wie sie in
katholischen Gebieten am Wegrand stehen und zum Innehalten und zur Einkehr
einladen. So gesehen bietet auch Bavieras Sachsler Rad den
Ausstellungs-besucherinnen und -besuchern diese Chance.
Urs Sibler
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1. Zürcher Kulturumszug
1987 Nürnberg: Schweiz offenes Ende
1993_Mehrfachendel
2014 Sonnengang
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1985 Opfikerrad
2012 Pendel im Valle Maggia
2002 Friedensfeuer
2017 Räderwerl |